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Gedanken zu Jo Conrad

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Gastartikel von ex-anonym

Vorletzten Freitag wurde hier ein sehr interessanter Beitrag gepostet, die es verdient, als separater Artikel eingestellt zu werden. Ich habe mir erlaubt, als Gliederung Zwischenüberschriften einzufügen. Danke an ex-anonym für diese Analyse zu Jo Conrad:


Urteilsfähigkeit

Der Jo hat einfach keinen Mechanismus, um Wahrscheinlichkeiten abzuwägen und zu bewerten.
Er kann nicht zwischen Gerücht, These und Fakt unterscheiden.

Falls etwas nicht zu 100% klar ist (das ist es im Leben eben nie, und Jo nimmt das dem Leben krumm), stehen für ihn alle Variationen gleichberechtigt nebeneinander: Die mit 99% Wahrscheinlichkeit gleichrangig neben der mit 0,001%.

Dann ist alles möglich, und die Entscheidung, was man persönlich glaubt ist reine Geschmacksfrage. Wie Jo sich dann entscheidet, sagt eine Menge mehr über ihn als er vielleicht ahnt.

Gerade im Bezug Körperlichkeit, Krankheit, Tod und Sexualität sehe ich da eine Menge Verdrängung, diese Komplexe bekommt er in sein eigentlich-sollte-alles-so-schön-sein-Weltbild nicht eingeordnet. Da sucht er dann Gründe, warum es eben nicht "so schön ist" bzw. wer das verhindert, das alles "schön ist".

Germanwings-Absturz

So ein Absturz passt schon eh nicht in seine Welt. Da er so gut wie keinen Bildungshintergrund hat, kann er keine Vergleiche ziehen, hat nichts im Kopf um das Gehörte einzuordnen und Wahrscheinlichkeiten zu bewerten.

Er kann schlichtweg nicht unterscheiden, zwischen dem was man mit den bekannten Fakten als wahrscheinlichste Ursache bezeichnen kann und dem, was unwahrscheinlicher ist. Zudem ihm die Vorstellung, der Pilot sei zu so was fähig, ja sei durch eine psych. Erkrankung quasi Opfer seiner selbst, vielleicht sogar beunruhigt.

Ich bezweifle, dass Jo überhaupt an psych. Krankheiten "glaubt" (Jessie...).

Weltsicht

Die "Täter" in seiner Welt sind schließlich keine normalen Menschen sondern eine Art Abziehbild aus 50er Jahren B-Filmen oder James Bond Bösewichte. Über-Untermenschen gewissermaßen, teilweise in der Tat nichtmenschlich. Er überträgt da alles, was in seine Vorstellung vom "natürlich guten und schönen und harmonischen und liebevoll" nicht rein passt, also die inneren Konflikte, das Paradoxon der Sterblichkeit, Krankheit, das Ausgeliefertsein Gefühlen gegenüber - das Tier, das wir nun mal sind. Es ist kein Zufall, dass er nichts von der Evolutionstheorie weiß und nichts davon hält. Diese Aspekte des Menschseins passen nicht in seine Vorstellung. Seine Einstellung zum "Ekel" wäre interessant.

Man sieht die Verdrängung am deutlichsten daran, wie er mit Niederlagen umgeht:
Germania hat er nur noch "journalistisch begleitet", der Aufbruch brach auseinander weil die Leute nicht wollten oder konnten usw. Er vergisst den ganzen Schwung, den Elan, die Ideen und Hoffnungen, mit denen er sich in diese Dinge rein geworfen hat. Er lernt aus Erfahrung nichts Konstruktives, sondern das Vermeiden.

Bewusst.TV

Was natürlich absolut widerlich ist, das ist der Ticker-Wahnsinn der online-Medien, va. Burda, das nicht-abwarten-können die man heute beobachten kann. Auch ich sehe da selbst, vor allem nach dem letzten Jahr (Ukraine) gesellschaftliche Gefahren. Hätten wir das alles in der Kuba-Krise gehabt...

Aber Jo Conrad ist wirklich niemand, der die Medien in dieser Hinsicht kritisieren kann. Er recherchiert eigentlich nie, liefert sich total seinen Gästen aus, wirkt vereinzelt sogar devot (Fitzek...) und ist ohne jedes Zögern bereit Menschen und Menschengruppen jedes noch so widerlichen Verbrechens zu beschuldigen ohne mehr in der Hand zu haben als Ideen, Assoziationen und Querverweise aus seinem Verschwörungs-Weltbild.

Er sucht nach Sicherheit in einer zutiefst unsicheren Welt (wir alle sterben - mehr Unsicherheit geht kaum). Er fand keine. Vieles an ihm weist auf einen protestantischen Hintergrund. Vielleicht hätte er in der Religion etwas finden können. Nun hängt er eigentlich völlig bindungslos in der Welt und sucht nach Bindungen. Diese Gespräche, die er im Studio führt, sind auch ein Teil Therapie für ihn. Wo er Ängste verarbeitet, Hoffnungen formuliert, Tagträume gestaltet und vor allem - akzeptiert und angenommen wird. Die Rolle als "Journalist" und Gastgeber wertet ihn zusätzlich auf, er glaubt das wohl selber. Es gibt ihm eine Art von Selbstbestätigung und Sicherheit, die jemand mit seinen Fähigkeiten (am ehesten noch die Musik) sonst nur sehr schwer bekommen kann.

Zukunfts-Perspektive

Darum muss er daran auch festhalten. Selbst das Altern, das einem nun mal gnadenlos vorführt, das Wille und Vorstellung ihre Grenzen haben führt nicht zur Reflektion. Es ist auch zu spät für ihn, und es gibt auch nichts wo er hin zurück kehren könnte.

Dass er in einer Beziehung aufgehen könnte, Sexualität, Nähe und Kompromiss im Alltag wirklich ertragen könnte bezweifle ich auch. Er kompensiert das wie ich finde sehr deutlich durch dieses Beziehungsgeflecht, das letztlich genau das ist, was er eigentlich verachtet: oberflächlich und kommerziell orientiert.

Aber er wird bald 60, er macht das seit 20 Jahren, er hat sein ganzes Leben darauf ausgerichtet - und es ist schlichtweg sein Job, vielleicht seine Berufung: So eine Art Geistlicher zu sein einer Religion, die noch um ihre Dogmen kämpft. Die ein Heilsversprechen anbietet und "Gründe" für das Unpassende in der Welt - damit einem selbst auch "Grund" gibt, auf dem man sicher stehen kann.

Er opfert seine Leben seiner Idee, wie das Leben sein sollte. Statt es zu leben. Diejenige, die aber einfach leben - auf die blickt er mit nachsehender Güte. So von oben herab. Er will Ihnen doch helfen, in dem er ihnen erstmal zeigt, um wie viel übler und böser die Welt eigentlich ist (und alle diese Leute haben ein Talent darin, das "Schlechte" in der Welt zu finden, wie vielleicht sonst nur Hardcore-Depressive).

Widersprüchliche Lösungen

Dann aber zeigt er ihnen ein Ziel, das Paradies auf Erden, alles Liebe und Harmonie, und alles ist immer gut.

Wie man dahin kommt?

Nun, das erörtert er dann mit seinen Gästen. Dass es da eine gewaltige Spannbreite gibt mit Lösungen, die sich gegenseitig eher behindern (der eine sucht es nur im "Inneren" und dieser Weg steht einem ja immer offen, unabhängig von der Gesellschaft - der andere aber will erstmal zB. einen neuen Staat gründen, also ganz den äußeren Weg gehen wo die Gesellschaft dem Individuum den Rahmen für positive Entwicklung gibt) - wie soll ihm das auffallen? Er ist nicht reflektiert, will es nicht sein, weiß wohl nicht was das überhaupt bedeutet.

Jedenfalls ist er für jemanden, der an Karma und Wiedergeburt glaubt, extrem verhaftet in Fragen, die eigentlich seiner spirituellen Entwicklung eher im Weg stehen. Denn es "muss ja einen Sinn haben", dass er gerade heute und hier lebt. Das ist, wenn alles im vorigen Leben gut gelaufen ist, die bestmögliche Welt für ihn. Statt die anzunehmen sucht er im Schatten herum und konstruiert sich Gefahren. Selbst auf der spirituellen Ebene ist 90% von dem was er tut - völlig daneben.
Soviel Misstrauen, soviel Gerede/Sehnsucht nach Vertrauen.

Soviel ist die Rede von "Liebe" und ich bezweifle, dass Jo fähig wäre "Liebe" mit allen Kompromissen über Jahre stabil in einer Partnerschaft zu führen.

Er besteht aus der enttäuschten Erwartung eines Kindes, der auf er Suche nach der heilen Kinderwelt ist. Und die tatsächliche Pracht der Realität um ihn herum, die Gestaltungsmöglichkeiten des Menschen und vor allem die Verantwortung für sich, die man aber angesichts von Krankheit, Verlust, Zufall und Tod immer nur teilweise hat - alles das entgeht ihm.

Dass er dabei Menschen verführt, die Verantwortung für ihr Leben eben auch abzugeben; dass seine und seiner Gäste Theorien die Menschen sogar unmündig macht, ihnen die eigenen Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung regelrecht ausredet (ohne Logenzugehörigkeit kommt man eh nicht "hoch" zB.), ja dass gesellschaftliche Scheitern zu einer Charakterstärke umdeklariert wird - das kann er niemals verstehen.

Es ist auch zu spät für ihn, und es gibt auch nichts wohin er "zurück" gehen könnte, er hat keine Alternative als die paar Jahre, die er noch gesund ist, weiter zu machen.

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